Im Jahr 1980, als ich noch zur Primarschule ging, weckte ein deutsches Comic-Magazin für Kinder namens "YPS" meine Leidenschaft für die Astronomie. Jeder Ausgabe dieser Zeitschrift war ein "Gimmick" (ein Spielzeug) beigelegt. Mal war es eine astronomische Uhr (mit der man mithilfe des Grossen Wagens und des Polarsterns die Uhrzeit ablesen konnte), mal ein kleines astronomisches Fernrohr (mit Plastiklinsen), mal ein Handbuch für Astronomie oder eine nachleuchtende Sternkarte. Zwar konnte ich mit den Bastelsätzen am Nachthimmel nur wenig anfangen, aber es entstand eine tiefe Faszination für das Universum und der Wunsch nach einem eigenen, "richtigen" Fernrohr kam auf.
Im Jahre 1981 erhielt ich zu Weihnachten ein kleines Linsenfernrohr mit 6 cm Öffnung. Der Anblick des Mondes und der Planeten Jupiter und Saturn beeindruckte mich zutiefst und die Astronomie liess mich seither nicht mehr los. Unzählige Nächte habe ich hinter immer grösseren Teleskopen verbracht und mit ihnen den Nachthimmel durchforstet und fotografiert. Während meines Physik-Studiums an der ETH Zürich schliff ich die Spiegel für zwei Newton-Teleskope - ein 15 cm f/8-Spiegelteleskop namens "Utopia" (1990) und ein 25 cm f/11-Spiegelteleskop mit dem Namen "Ganymed" (Spiegelschliff: 1992-1994, Vollendung des Teleskops: 1998). Ich verwendete Utopia für visuelle Beobachtungen und Fotografie und Ganymed nur für visuelle Beobachtungen.
Die grosse Brennweite von 275 cm machte Ganymed zu einem reinrassigen Planeten-Fernrohr. Beim Bau von Ganymed wurde ich von Harold Hill, Autor von "A Portfolio of Lunar Drawings" und dem Amateur-Astronomen Jan de Lignie inspiriert. Bei der Betrachtung von Hill's spektakulären Mondskizzen (gewonnen mit einem 25 cm f/10-Spiegelteleskop) und bei Beobachtungen mit de Lignie's 20 cm f/8-Spiegelteleskop gelangte ich zur Überzeugung, dass langbrennweitige Fernrohre ultimativen Kontrast und Schärfe liefern.
Bei langbrennweitigen Teleskopen ist nur eine leicht parabelförmige Form des Spiegels notwendig und diese ist einfacher zu erzielen als bei kurzbrennweitigen Teleskopen, es kann ein kleinerer Fangspiegel realisiert werden (der weniger Beugung verursacht und damit mehr Kontrast ermöglicht), einfache Okulare liefern eine bessere Leistung (Ramsden, Kellner, etc.), da ausserachsiale Bildfehler weniger ausgeprägt sind (Koma etc.), die Optik ist einfacher zu kollimieren und das Fokussieren ist einfacher (aufgrund der grösseren Tiefenschärfe). Egal wie schlecht die Sichtverhältnisse waren, es war immer ein Genuss, mit Ganymed den Nachthimmel zu beobachten. Leider wurde mir das 25 cm f/11-Teleskop im Laufe der Jahre zu schwer.
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