Nikon AF-S 28-70 mm f/2.8D vs. Nikon AF-S 24-70 mm f/2.8G

Einleitung

Seit 2008 fotografiere ich mit einer Nikon D3-Kamera. Die Nikon D3 ist mit einem Bildsensor bestückt, der doppelt so gross ist wie bei den vorangegangenen digitalen Spiegelreflexkameras von Nikon (Nikon D1, D1H, D1X, D2X, D2Xs, D2H, D2Hs, D70, D70s, D80, D100, D200, D300). Aufgrund des neuen, grösseren Sensors ("Vollformat"-Sensor oder "FX"-Sensor genannt) habe ich in den ersten Wochen die Abbildungsleistung meiner Nikon-Objektive überprüft. An den Vorgänger-Kameras mit dem kleineren Sensor ("DX"-Sensor genannt) diente das Nikon AF-S 17-35 mm f/2.8D-Objektiv als Arbeitspferd. Ich nutzte dieses Objektiv für Landschaftsaufnahmen zu Hause und auf Reisen, für Reportagen und manchmal auch für Konzerte (für Übersichtsaufnahmen). Es war das wertvollste Objektiv in meiner Sammlung. In den vergangenen Jahren habe ich hie und da ein Objektiv mit mehr Weitwinkel eingesetzt (z.B. das Nikon AF-S 12-24 mm f/4G DX), doch bin ich immer wieder zum 17-35 mm-Objektiv zurückgekehrt, weil es die bessere optische Qualität und wesentlich weniger geometrische Verzeichnung aufweist (der wirkungsvolle Einsatz extremer Weitwinkel-Objektive stellt zudem eine Herausforderung dar).

Das Nikon AF-S 17-35 mm f/2.8D bietet an der Nikon D3-Vollformatkamera wesentlich mehr Weitwinkel als an einer DX-Kamera und eignet sich damit nicht mehr für die gleichen Anwendungen. An der Nikon D3 benötigt man ein 25.5 mm-52.5 mm-Objektiv, um den gleichen Bereich abdecken zu können wie mit dem 17-35 mm-Objektiv an der DX-Kamera. Momentan gibt es zwei professionelle Nikon-Objektive in diesem Brennweitenbereich: Das Nikon AF-S 28-70 mm f/2.8D und das Ende 2007 eingeführte Nikon AF-S 24-70 mm f/2.8G N. Das Nikon AF-S 28-70 mm f/2.8D besitze ich schon seit einigen Jahren und so habe ich es auch an der Nikon D3 verwendet. Dabei sind mir in den ersten Wochen bei Offenblende eine relativ starke Vignettierung und eine deutlich sichtbare Unschärfe am Bildrand aufgefallen. Da dieses Objektiv an der Nikon D3 einen sehr wichtigen Brennweitenbereich abdeckt (den für mich wichtigsten Bereich überhaupt), habe ich mich nach Alternativen umgeschaut. Ein Kollege von mir, Michael Sengers, www.sengers.ch hat mir freundlicherweise sein brandneues Nikon AF-S 24-70 mm f/2.8G N für einen Tag zum Testen zur Verfügung gestellt. Weiter unten sind die Resultate meiner Testreihen aufgeführt. Um es gleich vorweg zu nehmen: Es war Liebe auf den ersten Blick. Und nach der Analyse von einigen hundert Testaufnahmen (mit den beiden genannten Objektiven) habe ich das Nikon AF-S 28-70 mm f/2.8D zum Verkauf ausgeschrieben und ein Nikon AF-S 24-70 mm f/2.8G N bestellt. Das neue Objektiv hat sich als gute Investition erwiesen: Es hat sich in wenigen Tagen als neues Arbeitspferd etabliert und erweist sich als noch vielseitiger und schärfer als das Nikon AF-S 17-35mm f/2.8D an Kameras mit DX-Sensor.


Schärfe und Kontrast

Das neue Nikon AF-S 24-70 mm f/2.8G N zeigt in den Testaufnahmen vor allem bei Offenblende sowohl in der Bildmitte als auch am Bildrand mehr Schärfe als das ältere Nikon AF-S 28-70 mm f/2.8D. Für die Aufnahmen wurde die auf einem Stativ montierte Kamera per Drahtauslöser und Spiegelvorauslösung aktiviert. Die Schärfe wurde manuell via Live-View bei höchster Vergrösserung eingestellt. In den Aufnahmen wird die Schärfe in der Bildmitte und am Bildrand bei 28 mm Brennweite verglichen. Bei 70 mm wird nur die Schärfe in der Bildmitte gezeigt. Die Resultate sind unter den folgenden Links zu sehen:

Schärfe bei 28 mm (24-70 mm vs. 28-70 mm-Objektiv)
Schärfe bei 70 mm (24-70 mm vs. 28-70 mm-Objektiv)

Für die Beurteilung der Schärfe in der Bildmitte wurde ein fernes Bahnstations-Gebäude anvisiert. Dasselbe Gebäude wurde auch für die Beurteilung der Randschärfe verwendet (der Bildausschnitt wurde dazu neu gewählt, so dass das Gebäude an den äussersten Bildrand zu liegen kam; die Schärfe wurde anschliessend via Live-View manuell neu justiert). Aufgrund der grossen Distanz zum Motiv wird natürlich nur die Schärfe für grosse Distanzen beurteilt. Dies macht aber Sinn, da sich die beiden Objektive (Nikon AF-S 24-70 mm f/2.8G, Nikon AF-S 28-70 mm f/2.8D) aufgrund ihrer Brennweite an Vollformat-Kameras für Landschaftsaufnahmen besonders gut eignen.

In realen Aufnahmesituationen können die Unterschiede in der Schärfe geringer ausfallen. Die Fotos wurden am späten Nachmittag aufgenommen. Dabei änderte sich die Farbtemperatur leicht. Das Nikon AF-S 24-70 mm f/2.8G zeigt bei Blende 2.8 und 28 mm Brennweite am Bildrand mehr Schärfe als das Nikon AF-S 28-70 mm f/2.8D. In der Bildmitte weisen beide Objektive eine vergleichbare Schärfe auf. Ab Blende 5.6 liefern beide Objektive eine ähnlich gute Schärfe über einen grossen Bereich des Bildes. Bei 70 mm Brennweite zeigt das neue 24-70 mm-Objektiv bei Blende 2.8 auch in der Bildmitte mehr Schärfe als das 28-70 mm-Objektiv. Ab Blende 4 liefern beide Objektive eine vergleichbare Schärfe. Das Nikon AF-S 24-70 mm f/2.8G liefert über das ganze Bild hinweg etwas mehr Kontrast und leicht wärmere Farben - bei allen Brennweiten und Blendenwerten. Für eine genauere Betrachtung finden Sie unten Aufnahmen in voller Auflösung (es handelt sich allerdings nicht um die Aufnahmen, aus denen die Bildausschnitte genommen wurden). Es lohnt sich, die Aufnahmen an einem guten Monitor und mit einem Bildbearbeitungsprogramm bei 100 % zu vergleichen.

Aufnahme in voller Auflösung (28 mm f/2.8) (Nikon AF-S 24-70mm f/2.8G)
Aufnahme in voller Auflösung (28 mm f/2.8) (Nikon AF-S 28-70mm f/2.8D)


Aufnahme in voller Auflösung (28 mm f/5.6) (Nikon AF-S 24-70mm f/2.8G)
Aufnahme in voller Auflösung (28 mm f/5.6) (Nikon AF-S 28-70mm f/2.8D)

Vor allem in den Randbereichen sind zwischen den beiden Aufnahmen grosse Unterschiede zu erkennen. Sie fallen etwas grösser aus, als es die Bildausschnitte vermuten lassen. Ich habe mich für das Nikon 24-70 mm f/2.8G-Objektiv entschieden, weil mir der Brennweitenbereich zwischen 24 mm und 70 mm sehr wichtig ist. Das neue Objektiv liefert insgesamt eine sehr gute Randschärfe (hilfreich bei Landschaftsaufnahmen) und schon bei Offenblende eine hohe Schärfe in der Bildmitte (hilfreich im Fotojournalismus).
Das Nikon 24-70 mm f/2.8G dringt etwas weiter in den Weitwinkelbereich vor als das Nikon AF-S 28-70 mm f/2.8D (24 mm anstelle von 28 mm...). Dass dies einen sichtbaren Unterschied macht, kann dem folgenden Vergleich entnommen werden:

24 mm vs. 28 mm (24-70 mm vs. 28-70 mm-Objektiv)

24mm vs. 28mm machen das Bild in diesem Fall natürlich nicht interessanter, aber der Unterschied ist nicht zu übersehen. Mit 24 mm Brennweite erhält man an einer Vollformat-Kamera übrigens noch etwas mehr Weitwinkel als mit 17 mm Brennweite an einer DX-Kamera. Das Nikon AF-S 24-70 mm-Objektiv hat auch eine kürzere Naheinstellgrenze als das Nikon AF-S 28-70 mm f/2.8D. Ein Vergleich ist hier zu sehen:

Naheinstellgrenze (bei 70 mm) (24-70mm vs. 28-70 mm-Objektiv)

Aufgrund des ohnehin grösseren Bildfeldes bei Vollformat-Sensoren kann dies hilfreich sein (obschon die Schärfe bei Nahaufnahmen und Blende 2.8 bei beiden Objektiven sehr zu wünschen übrig lässt).


Vignettierung

Vignettierung ist ein bekanntes Phänomen bei Vollformat-Kameras. Diejenigen, die dies verneinen, haben es entweder vergessen (aus den Zeiten des Films) oder selber nie erlebt (da sie erst im Digitalzeitalter in die Fotografie eingestiegen sind). Ein Blick durch den Sucher einer analogen Spiegelreflexkamera (wie z. B. der Nikon F801s) mit aufgesetztem Zoom-Objektiv genügt, um sich vom Lichtabfall am Bildrand zu überzeugen. Kameras mit DX-Sensor nutzen nur den zentralen Bereich eines Vollformat-Objektivs und so tritt die Vignettierung kaum in Erscheinung. Nach 5 Jahren Arbeit mit digitalen Spiegelreflexkameras mit DX-Sensor habe auch ich die Vignettierung beinahe vergessen.

Eine erste Aufnahmeserie zeigt die Vignettierung des Nikon AF-S 28-70 mm f/2.8D an der Nikon D3-Vollformat- Kamera. Die Fotos zeigen einen blauen Himmelsausschnitt bei verschiedenen Blendenwerten (die Kamera befand sich auf einem Stativ, so dass für alle Aufnahmen der gleiche Himmelsausschnitt sichtbar ist). Die Bilder zeigen den Einfluss von Sonnenblende und aufgesetzten Filtern auf die Vignettierung:

Vignettierung bei 28 mm (Nikon AF-S 28-70 mm f/2.8D)
Vignettierung bei 70 mm (Nikon AF-S 28-70mm f/2.8D)

Aus den Vergleichsaufnahmen wird deutlich, dass Filter und Sonnenblende praktisch keinen Einfluss auf die Vignettierung haben. Die Vignettierung ist bei langen Brennweiten (70 mm) stärker als bei kurzen. Sie ist selbst bei Blende 2.8 im akzeptablen Bereich. Zoom-Objektive zeigen generell mehr Vignettierung als Festbrennweiten. Die Vignettierung kann unter "realen Bedingungen" stärker (bei unterbelichteten Aufnahmen mit viel Himmelanteil) oder schwächer (bei Aufnahmen ohne Himmelanteil / grosse Flächen gleicher Helligkeit) ausfallen.

Wie vergleicht sich das neue Nikon AF-S 24-70 mm f/2.8G-Objektiv mit dem älteren Klassiker, dem Nikon AF-S 28-70 mm f/2.8D? In diesem zweiten Test wurden die Objektive ohne Filter und ohne Sonnenblende eingesetzt. Leider war der Himmel nicht optimal klar, der Vergleich ist dennoch einigermassen aussagekräftig.

Vignettierung bei 28 mm (24-70 mm vs. 28-70 mm-Objektiv)
Vignettierung bei 70 mm (24-70 mm vs. 28-70 mm-Objektiv)

Wie zu erkennen ist, besteht kaum ein Unterschied zwischen den beiden Objektiven. Ein Umstieg auf das neue Objektiv aufgrund der Vignettierung macht also sicher keinen Sinn.